Lnk-reeds – neue Kunststoffblätter für Saxophonisten

Das Thema Kunststoffblätter – oder soll ich gleich Plastikblätter schreiben? – ist seit einigen Jahren hochaktuell, weil immer mehr Hersteller auf den Markt drängen und Saxophonisten natürlich gern nach Alternativen suchen, die ihnen die oft lästige Suche nach dem idealen Blatt ersparen könnten. Versprochen werden deutlich längere Haltbarkeit, gleichbleibende Qualität und natürlich immer der ideale Sound. Der ist allerdings eine Frage der persönlichen Vorstellung jedes Einzelnen, doch unterdessen ist das Spektrum der Blattschnitte auch bei den Herstellern von Kunststoffblättern breiter geworden.

Legére – der aktuell wohl erfolgreichste – hat drei im Programm, für Alto sogar vier und möchte von Klassik bis Funk und Rock möglichst alle überzeugen. Auch Forestone bietet eine Reihe von Schnitten und Nischenhersteller wie etwa Harry Hartmann müssen sich nicht verstecken. Es gibt viel zu entdecken und nun sind auch die Branchenriesen D’Addario und Vandoren auf den Zug aufgesprungen und bieten ebenfalls Produkte aus Plastik. Die haben zwar noch nicht von sich Reden gemacht, aber das liegt an Lieferschwierigkeiten und einer Priorität beim Marketing auf Naturblättern – völlig nachvollziehbar. Nun kommt mit lnk also noch ein Hersteller und gesellt sich zu diesem Ensemble. Schön, große Auswahl hat noch nie geschadet und zudem ist lnk ein Deutsches Unternehmen.

Doch nur, um Arbeitsplätze zu sichern, hat noch niemand ein Blatt gespielt, das Produkt muss sich beweisen. Lnk ist eine gemeinsame Idee von Klarinettenbauer Wolfgang Kraus und Kunststoffhersteller Hubertus von Franckenstein und somit war das erste Projekt die Entwicklung perfekter Klarinettenblätter. Nachdem das offensichtlich gelungen ist – die Nachfrage spricht für sich, ich kann jedoch nicht mitreden respektive -spielen, da Klarinette für mich uninteressant ist – wendete man sich einem noch heißeren Eisen zu, nämlich dem Thema Oboenblätter. Das geht ebenfalls ehr gut und insbesondere in Fernost kommt das Doppelrohr aus Kunststoff gut an.

Dann war es Zeit, Blätter für Saxophone zu designen. Lnk bietet jeweils einen Schnitt für jedes Saxophon (Sopranino und Bass bleiben außen vor), wobei es in Zukunft nicht bleiben soll. Ich habe in meinem Fundus sowohl alle Schnitte von Legére als auch einige von Forestone und habe diese zum Vergleich herangezogen. Der interessanteste ist und bleibt jedoch das Naturblatt, denn das ist immer die Referenz. Für mich gilt grundsätzlich, dass das Klangergebnis exakt meinen Vorstellungen entsprechen muss und ein Blatt, das zwar einen tollen Grundsound liefert, beim Spielkomfort aber Probleme bereitet oder aber schnell an Klangqualität verliert, ist keine Option. Es gibt aber Dinge, an die man sich bei Kunststoffblättern gewöhnen muss.

Haptisch sind alle zumindest merkwürdig, doch das lnk wohl ganz besonders: Es ist blütenweiß und so glatt, dass man sich fragt, ob das überhaupt ein Blatt ist. Das Aufbringen auf den Mundstücktisch ist bei Kunststoff immer schwierig, da das Blatt schnell wegrutscht. Auch hier führt lnk das Feld der „fuddligen“ Blätter an. Aber die Mühe lohnt sich. Ich habe die Blätter mit viel Geduld gespielt und da ich sie mittlerweile auch als echte Alternative zu meinen Naturblättern empfinde, spiele ich sie nunmehr regelmäßig. Somit kann ich auch bereits auf ein paar Wochen Erfahrung zurückgreifen. Der Reihe nach:

Für alle vier Saxophone gilt: Die lnk-Blätter spielen sich über die komplette Lage, also von tief Bb (Bari tief A) bis weit in die Flageoletts hinein vollkommen gleichmäßig. Das ist definitiv ein Alleinstellungsmerkmal und wirklich unglaublich gut. Das gilt auch für die Ansprache, die man wohl als konkurrenzlos bezeichnen darf.

Sopran: Das Blatt mit dem Namen Cut 28 (Stärke 3) funktioniert sowohl auf dem Vandoren SP3 als auch auf dem Vandoren S6 der V16-Reihe ganz hervorragend. Der Sound ist hell, aber nie kalt, eher obertonreich und voll. Erstaunlich: sowohl klassisch als auch im Smooth Jazz liefert das Blatt exakt das, was ich von ihm erwarte. Das Legére hat zwar einen breiteren Klangfuß, aber der ist sowohl im Studio als auch live nicht wirklich notwendig – im Nahfeld nett, aber ein paar Herz höher spielt eigentlich die Musik und hier ist das lnk absolut top.

Alto: Der Cut 14 in Stärke 2,5 ist für mich in Sachen Klassik uninteressant, dafür für Smooth Jazz, Funk und ähnliche Stile absolut genial. Das Blatt geht los, liefert knackige Mitten wie brillante Höhen und bleibt auch in wilden Soli komplett beherrschbar. Auf meinen Brancher-Mundstücken E25 und B24 wie auch auf dem Vandoren A6 der V16-Serie einfach wunderbar. Kommentar eines Zuhörers: „Das klingt ja so fett wie Tenor!“

Tenor: Der Schnitt (zumindest auf meinen Schachteln ohne genaue Bezeichnung) in Stärke 3 scheint mir in Richtung Klassik gedacht: Sowohl auf dem Brancher E31 als auch auf dem Vandoren T7 der V16-Serie ist der Sound zu mittenlastig, leicht quäkig und unausgeglichen. Mit einem Vandoren TL3 oder dem Selmer C* der S80-Serie klingt das Blatt jedoch ganz hervorragend, warm, zentriert voller feiner Obertöne und ist somit für Tenorspieler mit klassischen Ambitionen eine echte Alternative – insbesondere, da man bei Legére ja noch auf einen „French-Cut“ warten muss.

Bariton: Ein ähnliches Ergebnis wie beim Alto liefert der Cut 44 in Stärke 3. Das Blatt geht los wie eine Kanone und klingt auf dem Vandoren B9 der V16-Serie (ja, ich mag offene Bahnen) fett, knackig, präsent und dennoch voluminös. Auch hier gilt, dass man auf den ganz warmen Bauch verzichten muss, aber mit einer offenen Tongestaltung ist der Sound nach kurzer Zeit so fett, dass man auch Balladen wunderbar sanft gestalten kann.

Zusammengefasst muss man sich anfangs haptisch an diese neuen Blätter gewöhnen, doch schon nach kurzer Zeit stellt sich zumindest bei mir ein Suchteffekt ein: Ich stehe auf den Sound und freue mich über den Spielkomfort. Eine spannende Alternative, die preislich in der Nähe der Mitbewerber liegt. Am Ende bleibt die individuelle Klangvorstellung das Maß aller Dinge – mit den lnk-Blättern gibt es nun eine spannende Alternative! Zu haben im eigenen Webstore oder bei ausgesuchten Händlern.