Saxophonblätter Vandoren Serie V21

Wenn ein „Schwergewicht“ der Branche wie Vandoren ein neues Blatt veröffentlicht, kann sich der Hersteller der Aufmerksamkeit der Saxophonisten sicher sein. In diesem Fall wohl ganz besonders, denn zuvor sorgte die Neuentwicklung V21 bereits bei den Klarinettisten für reichlich positives Echo und so war man nun neugierig, wie sich die Blätter auf dem Saxophon machen würden. Generell muss man sich als Saxophonist bei Vandoren ja nicht unbedingt Sorgen machen, zu wenig Auswahl zu haben. Klassische Saxophonisten mussten allerdings lange auf eine interessante Alternative zum Longplayer „Vandoren blau“ (gern auch als „Paris“ bezeichnet, weil einfach nichts anderes auf der tiefblauen Packung zu lesen ist) warten. Das ein paar Jahre zuvor veröffentlichte V12 konnte offensichtlich nicht nachhaltig bei den anspruchsvollen und meist recht konservativen „Klassikern“ punkten und so war die Spannung bereits im Vorfeld groß, wie sich nun die V21-Serie schlagen würde – auch bei mir.

In Sachen Packungsdesign macht den umtriebigen Franzosen so schnell niemand etwas vor und auch diesmal hat man wieder eine wirklich schön anzusehende Verpackung präsentiert.

Dann heißt es wie immer den Kunststofffaden ziehen, Packung auf, Blatt heraus, Folie aufreißen und das Blatt aus der Kunststoffhülle nehmen. Seit der Einführung dieses Konzeptes entsteht so viel überflüssiger Abfall, das geht besser. Das Blatt selbst hat vor dem Abstich keine Stufe, sondern ist nur mit einer feinen Rundung eingeschnitten. Für Rico-Spieler: Das Blatt ist also „unfiled“ und im Vergleich mit anderen durchaus ungewöhnlich anzusehen. Im Mund fühlt sich das Ganze angenehm und überhaupt nicht grob an, doch hier sind und bleiben die beinahe unwirklich fein polierten AW-Blätter unerreicht. Aber auch das ist aber eigentlich völlig unwichtig, denn Blätter sollen primär eines, nämlich gut klingen.

Und das tun sie, diese V21-Blätter! Klanglich etwas feiner und mit weniger Frequenzanteil in den tiefen Mitten als die klassischen Vandoren-Blätter ist die Ansprache in sämtlichen Lagen bis weit ins Altissimo-Register absolut überzeugend, der Rauschpegel im Pianissimo nicht mehr wahrnehmbar, die Obertöne sind spürbar präsenter, ohne dass auch nur der Anschein von aufdringlicher Härte entstehen könnte. Selbst nach 120 Minuten im Dauerbetrieb lässt die Spannung im Blatt nicht nach und 24 Stunden nach dem Trocknen fühlt es sich beinahe wie neu an. Im direkten Vergleich (Stärke 2,5 ist mein persönliches Gardemaß) mit den von mir bisher gespielten Klassik-Blättern sowie mit Brancher Opera 2,5 ist das V21 mit Abstand das eleganteste Produkt, klingt völlig ausgeglichen und wirkt auf mich beinahe unwirklich gut. Keine Spur von Grobheit im Klang, keine rustikalen Frequenzen, die das elegante Klangbild stören. Schockierend für alle Vandoren-Schmäher: 8 von 10 Blättern waren auf Anhieb (!) zu verwenden, nur zwei erschienen mir so muffig, dass ich sie zunächst ins Lager verbannt habe. Getestet wurde sowohl mit Vandoren AL3 als auch mit Selmer C* und Vandoren A35, die Ligatur war in allen drei Fällen eine Vandoren Optimum, wie ich sie seit vielen Jahren verwende.

Nun kommen wir zu einem weiteren verblüffenden Punkt: Dass die Grenzen zwischen sogenannten klassischen Schnitten und solchen für Jazz im Grunde überholt sind, zeigt nicht nur die Tatsache, dass ein so berühmter Saxophonist wie Eric Marienthal auf seine Metallmundstücke eben jene Vandoren Klassik-Blätter schnallt, von denen ich bereits oben gesprochen habe, und damit dennoch einen sehr modernen Saxophonsound erzeugt. Ich habe mit den V21 den Test gemacht, diese auf mein Brancher B27-Altmundstück geschnallt und siehe da: Auch diese Verbindung überzeugt mit einem satten, sehr runden und dennoch brillanten Sound. Ansprache, Intonation und nicht zuletzt auch die Lebensdauer sind nach längerem Test schlicht und ergreifend gut bis sehr gut zu bewerten.

Zu meinem Tenormundstück (Brancher E31) passen die entsprechenden Tenorblätter der V21-Serie jedoch nicht, denn hier wird es mir klanglich doch zu mittenbetont, doch wer auf einen typischen Jazzsound a la Otto Link steht, dürfte mit dieser Serie ein interessantes Produkt bekommen. Auf dem C* – derzeit wohl die Norm in Sachen klassisches Tenorsaxophon – stellt sich hingegen absolute Zufriedenheit ein, denn wiederum sind Ansprache, Grundsound und Nebengeräuschpegel (ein Rauschen ist im Pianissimo kaum wahrnehmbar) einfach verblüffend. Mit zahlreichen unterschiedlichen Markenblättern habe ich auf dem Tenor beim klassischen Spiel immer wieder Probleme in Sachen Klang und vor allem Kontrolle in den unteren Lagen bekommen, doch die sind mit dem V21 tatsächlich … vorbei!

Bleibt die Frage, ob Vandoren nun die „eierlegende Wollmilchsau“ erfunden, also ein Blatt, das in allen musikalischen Welten einfach gut bis hervorragend funktioniert, bis zur Serienreife entwickelt hat. Ich habe nach einem Monat Arbeit mit diesen Blättern den Eindruck, dass den umtriebigen Franzosen hier tatsächlich ein großer Coup gelungen ist. Die Zukunft und zahlreiche gespielte Blätter werden dies allerdings beweisen müssen, denn nicht zuletzt ist es ja die Qualität des verwendeten Holzes, das wesentlichen Einfluss auf den Klang hat. Ich bin da nach einigen Wochen mit V21-Blättern allerdings sehr optimistisch!